Wir
haben bereits gesehen, dass Gott Sich auf verschiedene Art und Weise
offenbart. Man unterteilt den Bereich der Selbstoffenbarung Gottes in
zwei Teile, von denen jeder wieder aus zwei Teilen besteht. Hierbei
unterscheidet man die allgemeine Offenbarung von der speziellen
Offenbarung. Die allgemeine Offenbarung besteht aus den beiden
Hauptteilen Schöpfung und Gewissen, die spezielle Offenbarung aus
den Teilen Bibel und Jesus Christus. Etwas geordneter sieht das so
aus:
1.
Allgemeine Offenbarung
1.1.
Schöpfung
1.2.
Gewissen
2.
Spezielle Offenbarung
2.1.
Bibel
2.2.
Jesus Christus
Heute
möchte ich mich auf den ersten Teil des ersten Teils beschränken:
Wie kann der Mensch Gott in der Schöpfung erkennen?
Paulus
beginnt seine Erklärung des Evangeliums im Römerbrief mit einer
Erklärung dazu: Denn
es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle
Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit
durch Ungerechtigkeit aufhalten, weil das von Gott Erkennbare unter
ihnen offenbar ist, da Gott es ihnen offenbar gemacht hat; denn sein
unsichtbares Wesen, nämlich seine ewige Kraft und Gottheit, wird
seit Erschaffung der Welt an den Werken durch Nachdenken
wahrgenommen, so daß sie keine Entschuldigung haben. Denn obgleich
sie Gott erkannten, haben sie ihn doch nicht als Gott geehrt und ihm
nicht gedankt, sondern sind in ihren Gedanken in nichtigen Wahn
verfallen, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Da sie
sich für weise hielten, sind sie zu Narren geworden und haben die
Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht mit einem Bild,
das dem vergänglichen Menschen, den Vögeln und vierfüßigen und
kriechenden Tieren gleicht.
(Römer 1, 18 - 24)
Mit
anderen Worten: Jeder vernünftige Mensch, der die Welt anschauen
kann, hat die Möglichkeit, Gott als Schöpfer darin zu erkennen. Er
muss es nicht zwingend, denn er kann die Wahrheit auch verdrängen
und unterdrücken. Wer das tut, dessen Herz wird immer mehr
verdunkelt, bis er nur noch die Schöpfung sehen kann. Der Mensch,
der so gegen Gott und gegen das Zeugnis seines eigenen Lebens
rebelliert, bis er davon blind und verblendet ist, hat die Strafe für
seine Rebellion gegen Gott wohl verdient. Eigentlich wird dann jede
Zelle seines Körpers, jeder Stern im Universum und jedes Blatt, das
im Herbst von einem Baum fällt, zum Zeigen gegen diesen Menschen,
denn alles „schreit“ auf seine Art: „Schau mich an! Ich bin
geschaffen! Ich habe einen Schöpfer, der mich geplant, gewollt und
gemacht hat!“
Immer
mehr Leute versuchen mit aller Kraft, diese Erkenntnis, die
natürliche Offenbarung, mit aller Kraft zu unterdrücken. Etwa
Richard Dawkins schreibt in seinem Buch „Der Gotteswahn“ sehr
anschaulich, wie das praktisch gemacht wird: „Ein Atheist oder
philosophischer Naturalist in diesem Sinn vertritt also die Ansicht,
dass es nichts außerhalb der natürlichen, physikalischen Welt gibt:
Keine übernatürliche kreative Intelligenz, die hinter dem
beobachtbaren Universum lauert, keine Seele, die den Körper
überdauert, und keine Wunder außer in dem Sinn, dass es
Naturphänomene gibt, die wir noch nicht verstehen. Wenn etwas
außerhalb der natürlichen Welt zu liegen scheint, die wir nur
unvollkommen begreifen, so hoffen wir darauf, es eines Tages zu
verstehen und in den Bereich des Natürlichen einzuschließen.“
(Dawkins, Richard, Der Gotteswahn, S. 25f)
Davon
abgesehen, dass diese Worte von Dawkins voll unnötiger Polemik sind
(etwa dann, wenn er die übernatürliche Intelligenz hinter dem
Universum „lauern“ lässt), sehen wir hier die Praxis dessen, was
Paulus im Römerbrief beschrieben hatte: Der gottlose Mensch klammert
von Anfang an jede Möglichkeit Gottes in seinem Denken aus und ist
deshalb dazu verdammt, seine Herkunft und die Herkunft des ganzen
Universums auf magische Art erklären zu müssen. Denn: Aus nichts
kommt nichts! Nun gut, vielleicht kann man den großen Glauben eines
Herrn Dawkins auch bewundern.
Da
ist doch die Erklärung Johannes Calvins viel vernünftiger:
„Höchstes Ziel des seligen Lebens ist nun die Erkenntnis
Gottes. Niemandem sollte der Zugang zur Seligkeit verschlossen
bleiben; deshalb hat Gott nicht nur dem Menschenherzen das geschenkt,
was wir den Keim der Religion nannten. Er hat sich auch derart im
ganzen Bau der Welt offenbart und tut es noch heute, dass die
Menschen ihre Augen nicht aufmachen können, ohne ihn notwendig zu
erblicken. Sein Wesen zwar ist unbegreiflich, so dass seine Gottheit
allem Verstehen der Menschen völlig unerreichbar ist. Aber er hat
den einzelnen Werken zuverlässige Kennzeichen seiner Herrlichkeit
eingeprägt, und diese sind so deutlich und eindrücklich, dass auch
den unkundigsten und unverständigsten Menschen jede Entschuldigung
mit Unwissenheit unmöglich gemacht ist.“ (Calvin, Johannes,
Institutio deutsch, 1. Buch, 5. Kapitel, Teil 1)
Eine
zweite interessante Frage stellt sich dabei: Was kann der Mensch
unabhängig von seiner Kenntnis der Bibel aus der Schöpfung über
den einen, lebendigen Gott wissen?
Der
Schöpfergott muss ein mächtiger Gott sein. Wer das Universum
betrachtet, kommt sich klein vor. Das ist nicht erst so, seit wir
Teleskope haben. Schon lange davor haben die Menschen in den
nächtlichen Sternenhimmel geschaut und haben darüber gestaunt. Doch
je mehr man über die Weiten des Universums weiß, desto mehr Grund
zum Staunen gibt es. Der Gott, der das alles geschaffen hat, muss
wirklich groß und mächtig sein.
Der
Schöpfergott muss ein exakter Gott sein. Wenn man bedenkt,
wie viele Konstanten ganz genau stimmen müssen, damit das Leben auf
dem Planeten Erde überhaupt möglich wird, so entdeckt man, dass
dahinter ein ganz exakt ausgeführter Plan stecken muss. Spätestens
hier wird deutlich, wie weit der Mensch hinter dem Standard
zurückbleibt, den der Gott, der alles erschuf, gesetzt hat.
Der
Schöpfergott muss ein guter Gott sein. Alles, was geschaffen
ist, trägt trotz all der Zerstörung durch den Sündenfall noch
immer so viel Harmonie und Schönheit in sich, dass das Auge –
wohin es auch immer sieht – zerbrochene Schönheit erkennen kann.
So wird deutlich, dass der jetzige Zustand nicht von Anfang an so
gewesen sein kann. Doch den Erlösungsweg gibt es nur in der
speziellen Offenbarung.
Johannes
Calvin schreibt weiter über die Schöpfung: „Ein solches Wissen
um Gott muss uns zur Verehrung Gottes reizen und zugleich auch die
Hoffnung auf ein ewiges Leben in uns erwecken und aufrichten.“
(Institutio, 1. Buch, 5. Kapitel, Teil 10) Doch gibt es da ein
Problem: „Jedoch wie hell und klar uns auch der Herr sich selbst
und sein ewiges Reich im Spiegel seiner Werke vor Augen stellt –
wir bleiben doch in unserem großen Stumpfsinn stets blind gegen
solche Bezeugungen, so dass sie in uns ohne Frucht bleiben.“
(Ebd. Teil 11)
Der
Mensch unterdrückt sein Wissen, verschließt die Augen, klammert
jede Möglichkeit aus, um nicht zugeben zu müssen, dass die
Realität, mit der wir jeden Tag konfrontiert sind, immerzu auf den
einen mächtigen und lebendigen Schöpfergott hinweist. Richard
Dawkins, dessen Buch ich oben zitierte, hat vor kurzer Zeit den
Rat gegeben, dass Kinder mit dem Down-Syndrom abgetrieben werden
sollen. Es gab einen Aufschrei deswegen und er hat sich dafür
entschuldigt.
Doch im Grunde genommen war dieser Vorschlag total in Übereinstimmung
mit seiner Weltanschauung. Dennoch muss sich Dawkins dann auch die
Frage gefallen lassen, warum er zur Abtreibung während der
Schwangerschaft rät, nicht aber zu einer postnatalen „Abtreibung“.
Ein Kind ist für ihn ein Kind, ein Mensch, eine Art seelenlose
Maschine. Warum ist er hier so inkonsequent? Warum schützt er das
Leben des Kindes dann nicht, wenn es noch ganz hilflos in der Mutter
ist, aber nach der Geburt schon? Auch ein Richard Dawkins kommt hier
nicht darum herum, sein inneres Wesen auszuleben, in dem er nach dem
Ebenbild Gottes geschaffen ist und deshalb einen Sinn für
Gerechtigkeit besitzt. Es ist einfacher, Leben auszulöschen, solange
man dies auf einen Knopfdruck machen kann. Sei es bei einem
Drohnenangriff oder beim Absaugen eines Kindes im Mutterleib. Wenn
man dem Gegenüber dabei in die Augen schauen muss, ist es immer viel
schwerer. So beweist auch der Atheist durch sein Leben, dass seine
gesamte Weltanschauung nicht dazu fähig ist, ihm durch alle Teile
seines Lebens zu helfen, sondern auch er in seinem Tun immer wieder
inkonsequent sein muss. Möge Herr Dawkins eines Tages seine Augen
öffnen und den Schöpfergott erkennen, der alles – ihn inklusive –
geplant, gewollt und geschaffen hat.
Die
Himmel erzählen die Herrlichkeit Gottes, und die Ausdehnung
verkündigt das Werk seiner Hände. Es fließt die Rede Tag für Tag,
Nacht für Nacht tut sich die Botschaft kund. Es ist keine Rede und
es sind keine Worte, deren Stimme unhörbar wäre. Ihre Reichweite
erstreckt sich über die ganze Erde, und ihre Worte bis ans Ende des
Erdkreises. Er hat der Sonne am Himmel ein Zelt gemacht. (Psalm
19, 2 - 5)
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