Wenn
wir unseren Glauben verstehen wollen, so wird kein Weg an der
Systematischen Theologie vorbeiführen. Und darum wird es heute
gehen. Deshalb möchte ich zunächst einmal definieren, was
Systematische Theologie ist. Ich nehme dazu die hilfreiche Definition
von Wayne Grudem:
Systematische
Theologie ist jede Studie, welche die Frage beantwortet: „Was lehrt
uns die Bibel heute?“ zu jedem gegebenen Thema. (Wayne Grudem,
Systematic Theology, S. 21)
Das
heißt also, dass sich die Systematische Theologie damit beschäftigt,
zu sammeln und auszuwerten, was uns die gesamte Bibel zu einem
bestimmten Thema zu sagen hat. Und deshalb kommen wir zur heutigen
Frage:
Ist
denn diese Systematische Theologie für alle Gläubigen wichtig und
wenn ja, warum?
Ich
zähle hier einige Gründe auf, weshalb ich der Meinung bin, dass
sich jeder Gläubige (und nach Belieben natürlich auch jeder Andere)
damit befassen sollte. Es ist dann die Aufgabe eines jeden Einzelnen,
sich zu fragen, ob die Gründe ausreichen und was die Konsequenzen
davon sind.
1)
Jeder Christ ist ein Theologe – die Frage ist, ob seine Theologie
korrekt ist
Ich
bin jetzt mal ganz frech und unterstelle einfach, dass jeder und jede Gläubige immer wieder Aussagen macht, welche aus der
ganzen Bibel entfaltet worden sind. Zum Beispiel: „Die Bibel sagt,
dass jeder, der an Jesus Christus glaubt, gerettet wird.“ Oder:
„Die Bibel sagt, dass Jesus eines Tages wiederkommen wird.“ Oder:
„Gott möchte nicht, dass wir lügen.“ Das sind alles Aussagen,
die aus der Gesamtheit der Bibel gewonnen werden. Somit macht jeder
Gläubige Aussagen, die der Systematischen Theologie – dem Studium
der ganzen Bibel und dem Zusammensetzen verschiedener Bibelstellen zu
einer gemeinsamen Aussage – entspringen. Die Frage dabei ist
lediglich, ob unsere Theologie korrekt ist. Ob wir zu unserem Thema
tatsächlich alle notwendigen Bibelstellen gesichtet, ausgewertet und
korrekt zusammengestellt haben. Deshalb ist die Systematische
Theologie wichtig.
2)
Weil das richtige Handeln richtiges Denken voraussetzt
Mein
zweiter Grund ist sehr praktischer Natur. Bevor ein Mensch wissen
kann, was in einer bestimmten Situation das Richtige ist, was er tun
sollte, muss er zuerst wissen, was denn nun das Richtige ist. Ohne
korrektes – wohlüberlegtes – Denken kann es auch kein korrektes
Handeln geben. Deshalb schreibt Paulus im Brief an die Römer: „Passt
euch nicht den Maßstäben dieser Welt an. Lasst euch vielmehr von
Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird. Dann könnt
ihr euch ein sicheres Urteil bilden, welches Verhalten dem Willen
Gottes entspricht, und wisst in jedem einzelnen Fall, was gut und
gottgefällig und vollkommen ist.“
(Römer 12,2)
3)
Weil wir dadurch Gott besser kennenlernen können
Gott
hat uns nebst der ganzen Schöpfung und unserem menschlichen Gewissen
vor allem die Bibel gegeben, damit wir Ihn kennenlernen können. Er
hat natürlich noch andere Wege, um mit uns zu kommunizieren, aber Er
hat uns a) keinen anderen Weg versprochen, auf dem Er mit uns
kommunizieren will und b) keinen anderen Weg gegeben, um im Glauben
wachsen zu können. Wenn wir uns also wünschen, Ihn besser zu
kennen, dann haben wir keine andere Möglichkeit von uns aus gesehen,
als zur Bibel zu gehen und Ihn über das Lesen und das systematische
Studieren der Theologie besser kennenzulernen. Wenn es uns natürlich
egal ist, wie gut wir Gott kennen, können wir auch darauf
verzichten.
4)
Weil dies eine Art ist, wie wir Gott lieben können
Jesus
bestätigte es als wichtigstes Gebot, Gott zu lieben:
„Du
sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und
aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner
ganzen Kraft!“ (Markus
12,30) Das angestrengte und exakte Nachdenken über Gott ist somit
eine Art, wie wir Gott mit unserem Verstand lieben können. Es gibt
heute leider eine Tendenz von Menschen, die sagen: Also ich bin da
eher ein Gefühlsmensch, ich liebe Gott mit meinem Gefühl; und
deshalb vernachlässigen sie schnell das Lieben mit dem Verstand. Das
ist sehr schade, denn diese Einseitigkeit führt immer zum
Ungehorsam, weil nicht jeder Teil unseres Lebens dem Willen Gottes
untergeordnet wird.
5)
Damit wir im Glauben gestärkt und auferbaut werden und wachsen
können
Paulus
beschreibt das im Brief an die Gemeinde in Ephesus:
„Und
er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten. Er gab
Evangelisten, Hirten und Lehrer, damit sie die, die Gott geheiligt
hat, zum Dienst ausrüsten und so der Leib des Christus aufgebaut
wird mit dem Ziel, dass wir alle die Einheit im Glauben und in der
Erkenntnis des Sohnes Gottes erreichen; dass wir zu mündigen
Christen heranreifen und in die ganze Fülle hineinwachsen, die
Christus in sich trägt. Dann sind wir keine unmündigen Kinder mehr,
die sich vom Wind aller möglichen Lehren umtreiben lassen und wie
Wellen hin- und hergeworfen werden. Dann fallen wir nicht mehr auf
das falsche Spiel von Menschen herein, die andere hinterlistig in die
Irre führen. Lasst uns deshalb fest zur Wahrheit und zur Liebe
stehen und in jeder Hinsicht zu Christus, unserem Haupt, hinwachsen.
Von ihm her wird der ganze Leib zusammengefügt und durch verbindende
Glieder zusammengehalten. Das geschieht in der Kraft, die jedem der
einzelnen Teile zugemessen ist. So bewirkt Christus das Wachstum
seines Leibes: Er baut sich auf durch Liebe.“
(Epheser 4, 11 - 16) Ein wichtiges Ziel der Systematischen Theologie
ist genau dieses, nämlich dass unser Glaube wachen kann, dass wir
auferbaut und gestärkt werden und nicht mehr „von jedem Wind der
Lehre hin- und hergeworfen“ werden.
6)
Damit wir bereit werden, anderen von unserer Hoffnung im Leben zu
erzählen
Wenn
wir uns in der Tiefe mit Gottes Wort beschäftigen, werden wir auch
immer besser vorbereitet zu Gesprächen über den Glauben. Petrus
schreibt: „Seid
aber allezeit bereit zur Verantwortung gegenüber jedermann, der
Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und zwar
mit Sanftmut und Ehrerbietung; und bewahrt ein gutes Gewissen, damit
die, welche euren guten Wandel in Christus verlästern, zuschanden
werden in dem, worin sie euch als Übeltäter verleumden mögen.“
(1. Petrus 3, 15 – 16) Nicht jeder von uns ist von den Gaben her
gesehen ein Evangelist (ich bin es auch nicht), aber jeder hat die
Aufgabe, bereit zu sein, um wenigstens dann Rede und Antwort zu
stehen, wenn wir nach unserer Hoffnung, nämlich dem Glauben an Jesus
Christus, befragt werden. Und je mehr wir darüber wissen, desto
besser sind wir für diesen Fall gerüstet.
7)
Weil uns die Tiefe der Wahrheit zur Freude in Gott und zum Lobpreis
Gottes führt
Wenn
wir uns mit Gottes Wort beschäftigen – und dies in der Tiefe und
Breite tun – so wird uns das immer mehr Freude schenken. Wir
erkennen immer mehr, was Gott für uns alles getan hat. Das macht uns
dankbar und führt uns zum Lobpreis Gottes und zu einem gesegneten
Leben.
Wie
ihr nun Christus Jesus als euren Herrn angenommen habt, so lebt auch
mit ihm und seid ihm gehorsam. Senkt eure
Wurzeln tief in seinen Boden und schöpft aus ihm, dann werdet ihr im
Glauben wachsen und in der Wahrheit, in der ihr unterwiesen wurdet,
standfest werden. Und dann wird euer Leben überfließen von
Dankbarkeit für alles, was er getan hat. (Kolosser 2, 6 - 7)
Glücklich
der Mann, der nicht folgt dem Rat der Gottlosen, den Weg der Sünder
nicht betritt und nicht im Kreis der Spötter sitzt, sondern
seine Lust hat am Gesetz des HERRN und über sein Gesetz sinnt Tag
und Nacht! Er ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen, der seine
Frucht bringt zu seiner Zeit, und dessen Laub nicht verwelkt; alles
was er tut, gelingt ihm. (Psalm 1, 1 - 3)
Nein, definitiv nicht!
AntwortenLöschenMan kann dazu viel schreiben, aber kurz und knackig hat Richard Rohr das auf den Punkt gebracht:
„Schon die Existenz eines einzigen geistig behinderten oder kranken Menschen sollte genügen, um jede Theorie in Frage zu stellen, die darauf hinausläuft, ‚Erlösung‘ mit irgendeiner Art von ‚richtigem Denken‘ in Verbindung zu bringen.“ Richard Rohr, Reifes Leben, S. 96.